Die Rechtswahl ist eine der wichtigsten Regelungen in jedem internationalen Vertrag. Denn das anwendbare Recht ist relevant für die Gestaltung, Verhandlung, Prüfung, Auslegung und Erfüllung des Vertrages. Zudem hängt die Wirksamkeit einzelner Vertragsklauseln (Haftungsbeschränkung, Vertragsstrafen, etc.) maßgeblich von dem anwendbaren Recht ab.

Ausschluss des Internationalen Privatrechts

Internationale Verträge enthalten häufig eine Klausel, wonach das anwendbare Recht unter Ausschluss des Internationalen Privatrechts gewählt wird. Übliche Formulierungen lauten wie folgt:

Negativbeispiele
"Auf das Vertragsverhältnis findet ausschließlich deutsches Recht unter Ausschluss der Bestimmungen des internationalen Privatrechts Anwendung." – aus einem bekannten Vertrags- und Formularbuch (aktuelle Auflage)

"Dieser Vertrag unterliegt deutschem Recht mit Ausnahme der Regeln des internationalen Privatrechts." – aus einem weiteren bekannten Vertrags- und Formularbuch (aktuelle Auflage)

"Es gilt deutsches Recht unter Ausschluss der Kollisionsnormen." – aus einem Vertrag zwischen zwei deutschen (!) Unternehmen

"The laws of the State of California govern this Agreement, without reference to conflict of laws rules."

"[…] excluding its conflicts of law provisions."

"[…] excluding its private international law rules."

"[…] without regard to any conflict of law principles."

"[...] without giving effect to any conflict of laws principles."

Mallmann vermutet in seinem Aufsatz (siehe weiterführende Literatur) zu Recht, dass "diese Klauselgestaltung letztlich auf die unkritisch adaptierte anglo-amerikanische Vertragspraxis zurückgeht".

Der Verwender der Klausel will sicherstellen, dass keine Rückverweisung auf das Recht des Staates des zuständigen Gerichts (sog. "renvoi") bzw. eine Weiterverweisung auf das Recht eines Drittstaates erfolgt. Vereinfacht gesagt, soll die von den Vertragspartnern gewählte Rechtsordnung tatsächlich Anwendung finden.

Dieses Ziel soll dadurch erreicht werden, dass die Rechtswahl eine Sachnormverweisung und keine Gesamtverweisung darstellt. Mit "Sachnormverweisung" ist das materielle Recht des jeweiligen Staates gemeint, zum Beispiel das BGB/HGB in Deutschland. Hingegen umfasst die "Gesamtverweisung" auch das Internationale Privatrecht des genannten Staates, zum Beispiel die Rom I-VO (dazu gleich mehr).

Allerdings ist ein solcher Ausschluss – wenn überhaupt – lediglich deklaratorisch und damit überflüssig.

Denn es wäre unlogisch, wenn das zuständige Gericht die Rechtswahl der Vertragspartner zunächst als wirksam erachtet, um dann diese Rechtswahl zu missachten und über das Internationale Privatrecht zu einem anderen Ergebnis zu kommen.

Zudem ist der Ausschluss des Internationalen Privatrechts sinnlos, wenn Rechtswahl und Gerichtsstand gleichlaufen.

Beispielsfall – Gleichlauf zwischen Rechtswahl und Gerichtsstand

Die Vertragspartner haben wirksam die Anwendung deutschen Rechts vereinbart. Der Gerichtsstand ist in Deutschland.

Selbst wenn das zuständige deutsche Gericht eine Rechtswahl ohne Ausschluss des Internationalen Privatrechts als Gesamtverweisung interpretieren würde – wobei mir keine einzige Entscheidung bekannt ist – wäre eine Rückverweisung auf das Recht des Gerichts bzw. eine Weiterverweisung auf ausländisches Recht ausgeschlossen.

Die Frage, ob eine Sachnormverweisung oder eine Gesamtverweisung vorliegt, stellt sich immer nur dann, wenn aus Sicht des entscheidenden Gerichts ausländisches Recht zur Anwendung berufen ist.

Beispielsfall – Rechtswahl und Gerichtsstand fallen auseinander

Die Vertragspartner haben wirksam die Anwendung ausländischen Rechts vereinbart. Der Gerichtsstand ist in Deutschland.

Es gilt das Internationale Privatrecht am Ort des angerufenen Gerichts (lex fori), in diesem Fall die Rom I-VO. Nach Art. 20 Rom I-VO umfasst die Rechtswahl der Vertragspartner nur das materielle Recht eines Staates (Sachnormverweisung) und nicht dessen Internationale Privatrecht. Eine Rück- oder Weiterverweisung ist damit bereits ausgeschlossen.

Schließlich ist ein Ausschluss des Internationalen Privatrechts ein Widerspruch in sich. Denn das Internationale Privatrecht gewährt den Vertragspartnern gerade das Recht der freien Rechtswahl.

Details

Das Internationale Privatrecht (abgekürzt "IPR" oder Kollisionsrecht) ist – anders als die Bezeichnung suggeriert – kein internationales Recht, sondern Teil des nationalen Rechts eines Staates. Es regelt, welche nationale Rechtsordnung bei einem internationalen Sachverhalt Anwendung findet. Anders formuliert: Das Internationale Privatrecht regelt nicht internationales Recht, sondern internationale Sachverhalte.

Die EU-Mitgliedsstaaten (mit Ausnahme von Dänemark) haben ihr Internationales Privatrecht harmonisiert. Für Verträge gilt die Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (sog. Rom I-VO).

Vertragspartner dürfen das anzuwendende Recht frei wählen. Dieser international anerkannte Grundsatz der freien Rechtswahl ist Folge der Vertragsfreiheit und zum Beispiel ausdrücklich in Art. 3 Abs. 1 S. 1 Rom I-VO geregelt: "Der Vertrag unterliegt dem von den Parteien gewählten Recht." Die Rom I-VO gilt übrigens weltweit und nicht nur, wenn das Recht eines EU-Mitgliedsstaates gewählt wird, siehe Art. 2 Rom I-VO.

Bei vertraglichen Schuldverhältnissen ergibt sich die Lösung bereits aus Art. 20 Rom I-VO (siehe auch § 1051 Abs. 1 S. 2 ZPO für Schiedsverfahren). Danach umfasst das nach der Rom I-VO anzuwendende Recht eines Staates nur dessen materielle Recht (Sachnormverweisung) und nicht dessen Internationales Privatrecht. Eine etwaige Rückverweisung auf das Recht des Staates des zuständigen Gerichts bzw. eine Weiterverweisung auf das Recht eines anderen Staates ist dadurch ausgeschlossen. Ein klarstellender Ausschluss des Internationalen Privatrechts ist überflüssig.

Bei außervertraglichen Schuldverhältnissen ergibt sich diese Rechtsfolge übrigens aus Art. 24 Rom II-VO.

Auch das deutsche Internationale Privatrecht regelt – soweit nicht Rom I-VO, Rom II-VO oder die anderen in Art. 3 Nr. 1 EGBGB genannten EU-Regelungen oder völkerrechtliche Vereinbarungen vorrangig sind – in Art. 4 Abs. 2 S. 2 EGBGB, dass die Rechtswahl der Parteien nur das materielle Recht und nicht das Internationale Privatrecht eines Staates umfasst.

Unwirksamkeit der Rechtswahlklausel

Neben Auslegungsschwierigkeiten im Streitfall kann ein Ausschluss im Worst-Case-Szenario zur Unwirksamkeit der gesamten Rechtswahlklausel führen, weil der Ausschluss des Internationalen Privatrechts nicht zur Disposition der Vertragspartner steht, siehe zum Beispiel Art. 3 Abs. 3 und 4 Rom I-VO oder U.C.C. § 1-301 (c ) (2024).

Zudem wird ein vorformulierter Ausschluss nach deutschem Recht bereits am Transparenzgebot im Sinne von § 307 Abs. 1 S. 2 BGB scheitern.

Die Unwirksamkeit der Rechtswahlklausel könnte ironischerweise zur Folge haben, dass tatsächlich eine andere als die gewählte Rechtsordnung Anwendung findet.

Fazit

Im Ergebnis macht der Ausschluss des Internationalen Privatrechts keinen Sinn und kann zur Unwirksamkeit der Rechtswahlklausel führen.

Gruson hat das in seinem Aufsatz (siehe weiterführende Literatur) gut zusammengefasst: "[...] the intention of the drafter of an exclusion clause remains a mystery. It is curious that lawyers draft a clause that on its face is invalid and deals with an imaginary concern."

Empfehlung

Formulieren Sie Rechtswahlklauseln ohne Ausschluss des Internationalen Privatrechts bzw. Kollisionsrechts. Achten Sie stattdessen auf die Wirksamkeit der Rechtswahl sowie den Gleichlauf von Rechtswahl und Gerichtsstand.

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