Das Recht des Käufers, vom Vertrag gem. § 437 Nr. 2 BGB nach den Bestimmungen der §§ 440, 323 BGB zurückzutreten, setzt nach § 323 Abs. 1 BGB grundsätzlich voraus, dass der Käufer dem Verkäufer zuvor erfolglos eine angemessene Frist zur Nacherfüllung (§ 439 BGB) bestimmt hat.

Ein taugliches Nacherfüllungsverlangen des Käufers muss nach ständiger BGH Rechtsprechung – neben einer Fristsetzung – auch die Bereitschaft des Käufers umfassen, dem Verkäufer die Kaufsache zur Überprüfung der erhobenen Mängelrügen am rechten Ort, nämlich dem Erfüllungsort der Nacherfüllung, für eine entsprechende Untersuchung zur Verfügung zu stellen (vgl. auch § 439 Abs. 5 BGB in der ab dem 01.01.2022 geltenden Fassung; hierzu BT-Drs. 19/27424, 26 f.). Hierdurch soll es diesem ermöglicht werden, die verkaufte Sache darauf zu überprüfen, ob der behauptete Mangel besteht, ob er bereits im Zeitpunkt des Gefahrübergangs vorgelegen hat, auf welcher Ursache er beruht sowie ob und auf welche Weise er beseitigt werden kann. Dementsprechend ist der Verkäufer grundsätzlich nicht verpflichtet, sich auf ein Nacherfüllungsverlangen des Käufers einzulassen, bevor dieser ihm die Gelegenheit zu einer solchen Untersuchung der Kaufsache gegeben hat, vgl. BGH, Urt. v. 30.03.2022 – VIII ZR 109/20.

Für die Bestimmung des Nacherfüllungsortes ist im Kaufrecht die allgemeine Vorschrift des § 269 Abs. 1, 2 BGB maßgebend, vgl. grundlegend BGH, Urt. v. 13.04.2011 − VIII ZR 220/10. Dies hat zur Folge, dass bei einem Fehlen vertraglicher Vereinbarungen über den Erfüllungsort auf die jeweiligen Umstände, insbesondere auf die Natur des Schuldverhältnisses, abzustellen ist. Wenn sich hieraus keine abschließenden Erkenntnisse gewinnen lassen, ist der Erfüllungsort letztlich an dem Ort anzusiedeln, an welchem der Verkäufer inm Zeitpunkt des Vertragsschlusses seinen Geschäftssitz hatte, vgl. BGH, Urt. v. 19.07.2017 – VIII ZR 278/16.

Praxisempfehlungen

  1. Regeln Sie in Kauf- und Werklieferverträgen nicht nur den Erfüllungsort, sondern auch den Nacherfüllungsort. Eine schematische Darstellung (z.B. immer am Verkäufersitz) ist nicht sinnvoll, vielmehr sollte dies individuell je nach Einzelfall geregelt werden. Damit vermeiden Sie in Gewährleistungsfällen unnötige Diskussionen, Kosten und Risiken.
  2. Aus Sicht des Käufers achten Sie zudem darauf, dem Verkäufer die Sache zum Zweck der Nacherfüllung zur Verfügung zu stellen, vgl. § 439 Abs. 5 BGB.
  3. Schließlich muss die Mängelbeseitigungsaufforderung sorgfältig formuliert werden, da andernfalls keine wirksame Fristsetzung zur Nacherfüllung erfolgt.

Veröffentlicht am 9. November 2022 auf Deutsch.